Arbeiten bis 67 – aber bitte ohne graue Haare?

Arbeit bis 67 - Blog Beitrag

Warum altersdiverses Recruiting mehr ist als nur ein guter Vorsatz

Über 1,6 Millionen Menschen über 50 sind in Deutschland aktiv auf Jobsuche. Sie wollen nicht in den Ruhestand, nicht die Hände in den Schoß legen, nicht aufgeben. Sie wollen arbeiten – weiterhin mitgestalten, ihr Wissen einbringen, Verantwortung übernehmen. Und doch landen viele von ihnen regelmäßig auf dem Absagestapel.

Warum?

Nicht, weil sie etwas falsch machen. Sondern weil sie übersehen werden. Und das in einem Arbeitsmarkt, der gleichzeitig laut über Fachkräftemangel klagt.

Erfahrung wird zur Unsichtbarkeit

Was Menschen jenseits der 50 mitbringen, ist unbezahlbar:

  • Erfahrung, die nicht aus Schulungen stammt, sondern aus gelebter Praxis.
  • Loyalität, die nicht kurzfristig kündigt, wenn es mal holprig wird.
  • Ein Überblick, der hilft, Prioritäten zu setzen – gerade in Krisenzeiten.

Und trotzdem hören sie Sätze wie:

  • „Wir suchen jemanden mit frischem Wind.“
  • „Sie haben leider zu viel Erfahrung.“
  • „Wir suchen jemanden, der langfristig mit uns wachsen kann.“

Hinter diesen Aussagen steckt oft etwas anderes: Unsicherheit im Umgang mit Reife, Klarheit und Unabhängigkeit. Denn wer viel gesehen hat, lässt sich nicht leicht blenden. Wer schon durch Stürme gegangen ist, fragt nach Substanz – nicht nach dem nächsten Buzzword.


Stereotype statt Potenzial

In vielen Unternehmen läuft Recruiting immer noch nach Schema F:

  • „jung, digital, dynamisch“ klingt gut auf Papier.
  • Lebensläufe mit durchgetakteten Stationen erscheinen planbar.
  • Digitale Tools sortieren nach Schlagwörtern – und damit unbewusst auch nach Alter.

Dabei geht es im Arbeitsalltag um ganz andere Dinge:

  • Können Menschen mit Unsicherheiten umgehen?
  • Wie stark ist ihre soziale Kompetenz?
  • Wie resilient sind sie wirklich, wenn’s drauf ankommt?

Gerade in Zeiten des Wandels – wirtschaftlich, technologisch, gesellschaftlich – braucht es Mitarbeitende mit Substanz. Menschen, die nicht sofort in Panik verfallen, wenn ein System umgestellt oder ein Geschäftsmodell hinterfragt wird. Menschen, die sich schon mehrfach neu erfunden haben – nicht auf LinkedIn, sondern im echten Leben.


Altersdiversität ist keine Gefahr – sie ist Zukunft

Wenn Unternehmen ernsthaft über Innovation sprechen, sollten sie auf Vielfalt setzen. Und Vielfalt endet nicht beim Geschlecht oder der Herkunft – sie schließt Alter, Lebensphasen und Biografien mit ein.

Denn echte Innovation entsteht, wenn unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen:

  • Die Energie junger Talente, die neue Wege gehen wollen.
  • Die Reflexion erfahrener Kolleg:innen, die beurteilen können, was davon trägt.
  • Die Balance dazwischen, die Zukunft und Gegenwart miteinander verbindet.

Altersdiversität ist kein Risiko – sie ist eine strategische Chance. Sie fördert Austausch, schützt vor Betriebsblindheit und schafft ein Arbeitsumfeld, das für alle Generationen funktioniert.


Was sich ändern muss – und kann

Wenn wir wirklich über nachhaltige Arbeitswelten sprechen wollen, muss sich auch die Art verändern, wie wir Recruiting und Karrierewege denken:

  • Mehr Bewusstsein im Auswahlprozess: Weg von standardisierten Anforderungen, hin zu echten Gesprächen über Stärken und Mehrwert.
  • Mut zu gemischten Teams: Altershomogene Abteilungen sind bequem – aber selten kreativ.
  • Wertschätzung statt Vorurteil: Wer viel weiß, ist kein „Besserwisser“, sondern ein Möglichmacher.

Und vor allem: Chancen dürfen kein Geburtsdatum haben.


Wie erlebst du es?

Viele Menschen über 50 erleben im Bewerbungsprozess, dass sie nicht gehört, sondern übergangen werden. Nicht, weil sie weniger könnten – sondern weil sie „zu viel“ mitbringen. Doch wie paradox ist es, in einer alternden Gesellschaft Alterskompetenz zu ignorieren?

Der erste Schritt zur Veränderung beginnt mit der Frage: Wollen wir wirklich Vielfalt – oder nur, wenn sie ins Bild passt?


Fazit: Arbeit hat kein Verfallsdatum

Wer bis 67 arbeiten soll, muss auch eine faire Chance bekommen, gesehen, gehört und wertgeschätzt zu werden – ganz unabhängig vom Alter. Erfahrung ist kein Auslaufmodell. Sie ist ein Kapital, das Unternehmen nicht brachliegen lassen dürfen.

Denn echte Zukunft entsteht da, wo Reife auf Neugier, Stabilität auf Dynamik und Wissen auf Lernbereitschaft trifft. In diesem Spannungsfeld liegt das Potenzial für eine Arbeitswelt, die menschlich, inklusiv und zukunftsfähig ist.


Was denkst du dazu?
Erlebst du Altersdiversität als Chance – oder als Hindernis?
Wirst du gehört – oder übergangen?

Nach oben